Viele Unternehmen mussten auf die Corona-Pandemie schnell reagieren und stellten ihre Arbeitsorganisation flexibel um. Was vorher in manchen Unternehmen undenkbar war, wurde zum „neuen Trend“: mobiles Arbeiten. Doch nachdem nun viele Regelungen wieder aufgehoben wurden, streben viele Unternehmen eine Rückkehr zur „Normalität im Büro“ an. Doch ist das angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen überhaupt noch „gesund“? Genau das diskutierten die Teilnehmenden im BGFZ.live Austausch am 10. Mai 2022.

Auch bei den BGFZ.live Teilnehmenden sah die flexible Arbeitsorganisation unterschiedlich aus: Während ein Unternehmen noch zwei Tage pro Woche mobil arbeiten darf, wurde in einem anderen Unternehmen „Sharingarbeitsplätze“ eingeführt – an denen sich nun Mitarbeitende abwechselnd den Büroarbeitsplatz teilen und somit ein flexibles Arbeiten mit hohem Abstimmungsbedarf entstanden ist. Ein weiteres Unternehmen bietet seinen Mitarbeitenden weiterhin die Möglichkeit, die kompletten fünf Tage im mobilen Arbeiten zu verbringen.

Die Bandbreite an flexiblen Arbeitsmöglichkeiten ist also vielfältig. Dennoch steht der Wunsch vieler Geschäftsführer*innen im Raum, die Mitarbeitenden wieder in die Präsenzarbeit zu holen, um auch das soziale Miteinander und das Team zu stärken. Doch welche Herausforderungen damit verbunden sind, das berichtete uns Frau Dr. Marlen Cosmar, Psychologin und Leiterin der Stabstelle des IAG (Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung) in unserer BGFZ.live Runde. Hier finden Sie das Video dazu. 

Rückkehr Büro

              Input Fr. Dr. Marlen Cosmar (IAG)

Man sollte also nicht zwangsweise in alte Muster verfallen: Denn die Gesellschaft besteht aus Veränderungen. Mitarbeitende haben das mobile Arbeiten schätzen gelernt und wollen dieses auch nicht wieder komplett aufgeben. Denn 82 Prozent der Befragten in Deutschland geben an, dass sie hybrid oder sogar komplett hybrid arbeiten möchten und 69 Prozent der Büroangestellten in Deutschland sind bereit sich beruflich umzuorientieren, wenn sie mit der Flexibilität ihres Unternehmens nicht zufrieden sind. Demnach ist eine flexible Arbeitszeit- und -ortsgestaltung wichtig für gesunde Zukunft der Unternehmen und für die Attraktivität als Arbeitgeber*in.

Wie genau diese Flexibilität aussieht, das sollte jedes Unternehmen selbst entscheiden. Allerdings gilt: Unternehmen sollten dies gemeinsam mit dem Team besprechen und die Vorstellungen und Erwartungen teilen. Wichtig dabei: Planen Sie konkrete Tage, an denen alle in Präsenz vor Ort sind – um die soziale Bindung zu wahren und das Miteinander zu stärken. Besprechen Sie gemeinsam eine Mindestanzahl an Anwesenheitstagen – ob für die Woche oder für den Monat, das liegt in der Hand der Unternehmen.

Dabei ist eine offene und transparente Kommunikation entscheidend: Denn viele Beschäftigte machen sich Sorgen über ihre berufliche Laufbahn, wenn sie dauerhaft oder zum großen Teil mobil arbeiten. Der Grund ist kein Unbekannter: das Phänomen, dass Führungskräfte ihre Mitarbeitenden im Büro als produktiver und leistungsfähiger einschätzen, als Arbeitskräfte im Home-Office (genannt: „Proximity Bias“). Arbeitskräfte im Büro sind eher präsent und werden demnach auch in den meisten Fällen eher bevorzugt und häufiger in Absprachen geholt oder als „arbeitswilliger“ eingeschätzt. Um genau dieses Phänomen bei Ihnen im Unternehmen zu verringern und einen gesunden Spagat zwischen mobiler ARbeit und Büropräsenz zu wahren, ist eine transparente Kommunikation zu diesem Thema wichtig. Und: Leben Sie als Führungskraft ein flexibles Arbeitsleben vor und arbeiten Sie selbst auch ab und an mobil, bauen Sie eine Chancengleichheit im Unternehmen auf!

Bild Mai

     Input Fr. Dr. Marlen Cosmar (IAG)

Die neue gesunde Normalität in der Orts- und Zeitgestaltung der Arbeitsplätze ist also von Flexibilität geprägt: Durch gemeinsame Festlegungen im Team können Sie als Unternehmen zu einem gesunden Arbeitsplatzbeitragen, der das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden steigert.

Hier finden Sie noch ein paar Tipps:

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Quelle: Hybrides Arbeiten: Den „Proximity Bias“ ausbremsen | HR JOURNAL (20.04.22)