Die Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems gerät nach Auffassung der Ärzte zunehmend in Gefahr. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 400 Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen durch Kantar Health im Auftrag des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed). Parallel dazu wurden durch tns Emnid 100 Entscheider aus der Gesundheitswirtschaft befragt, die zu einer deutlich optimistischeren Einschätzung der künftigen Entwicklung des Gesundheitssystems kamen.

Während die gegenwärtige Situation von der überwiegenden Mehrheit aller Befragten beider Gruppen noch als gut bezeichnet wird, befürchten rund 90 Prozent der Ärzte in den kommenden vier Jahren eine deutliche Verschlechterung der Leistungsfähigkeit. Bei den Entscheidern, darunter Abgeordnete, Ministerien und Vertreter der Selbstverwaltung, erwarten dagegen lediglich 56 Prozent, dass die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in den kommenden Jahren leiden wird.

Um die Qualität der Patientenversorgung erhalten zu können, forderten die befragten Ärzte vor allem weniger Bürokratie (95 Prozent), bessere sektorenübergreifende Versorgungskonzepte (70 Prozent) sowie den stärkeren Einsatz innovativer Medizintechnologien (55 Prozent) (siehe Schaubild). Grundsätzlich wird das deutsche Gesundheitssystem von den befragten Ärzten als eher innovationsfreundlich eingeschätzt. Allerdings hat sich der Zugang gesetzlich Versicherter zu innovativen medizintechnologischen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in den letzten fünf Jahren eher verschlechtert. Vor allem die Finanzpolitik der Krankenkassen und bürokratische Hürden hemmen nach Ansicht der Befragten die Anwendung innovativer Medizinprodukte (90 Prozent). Auch das derzeitige Erstattungssystem für Medizinprodukte wird insgesamt als eher negativ beurteilt.

Ärzte skeptisch gegenüber Telemedizin

Einen interessanten Unterscheid gibt es zwischen Ärzten und Entscheidern bei der Beurteilung der Telemedizin: Während hier 68 Prozent der Entscheider sagten für die Sicherung und Verbesserung der Versorgungsqualität in der Zukunft benötige man Telemedizin, sind nur 28 Prozent der befragten Ärzte dieser Meinung. Bessere sektorübergreifende Versorgungskonzepte halten dagegen 70 Prozent der Ärzte und 92 Prozent der Entscheider für wichtig. Noch mehr Übereinstimmung gab es bei der Beurteilung der Bedeutung einer ergebnisorientierten Vergütung für Ärzte: Dem stimmten 60 Prozent der Ärzte und 63 Prozent der Entscheider zu. Im Hinblick auf den einsatz moderner Medikamente hingegen überwog bei beiden Gruppe eher Skepsis: Dieser Aussage stimmten nur jeweils 44 Prozent der befragten in beiden Gruppen zu.

Gefragt wurden die Ärzte auch danach, ob sie ihren Patienten immer die Therapie zur Verfügung stellen könnten, die diese benötigen würden. Die eindeutige Antwort: 25 Prozent der befragten antworteten mit „teils-teils“, fünf Prozent mit „selten/nie“. 70 Prozent sagen, dies ist im Hinblick auf ihre Patienten meistens der Fall.

Dr. Uwe K. Preusker